Ich hatte viel Spaß. Danke an die Orga dafür, dass sie diesen Ball organisiert haben. Es folgt ein unvollständiger Strom an Gedanken zum Spiel.
Die Vorbereitung war wirklich toll, sowohl in Sachen Material als auch in Sachen Organisation. Die Platzkarten waren schön und hilfreich, die Karte mit der Menüfolge war hübsch gestaltet, und die Tanzkarten waren sehr hilfreich. Die gästeliste, die wir bereits im vorhinein erhielten
und nochmal auf jedem Platz auslag, war sehr hilfreich. Die Goldmünzen waren hübsch und eine schöne Idee, und auch die Rosen sahen hübsch aus. Ganz besonders reizvoll fand ich die Quartettkarten; die waren wirklich schön gemacht und eine gute Idee! An dieser Stelle möchte ich einen Vorredner zitieren:
Oliver Haag hat geschrieben:Ihr hattet eine wirklich schöne Idee mit den Quartetkarten und die die mein Baron hatte (andere konnte ich leider nie sehen) waren wirklich schön. Vllt. sollten ihr beim nächsten mal ein paar eurer NSC anweisen damit zu spielen, damit sie es den SC vormachen können. So wussten glauben ich viele nicht, was sie damit tun konnten.
Die Idee ist aber großartig und sollte weiter verfolgt werden.
Die Idee war toll, die Umsetzung er Karten war toll, die Ausführung im Spiel war leider nicht so toll.

Wir Spieler waren einfach überrumpelt von den Karten, und es wusste offenkundig niemand, wie man mit denen umgehen sollte oder was man mit den anfangen könnte. Ich habe einfach penetrant und offensichtlich auf die Karte in meiner Hand geschaut und dann ganz offensichtlich unsubtil Dinge gesagt wie, "Also wer in meinem Land diesen Schmuck hier trägt, der hat vielfaches Ansehen. Siebenfach, geradezu. Man könnte sagen, sein Prestige ist sieben-fach." Ich fand das im ersten Augenblick irgendwie stumpfsinnig und stupide, aber diejenigen, bei denen ich es mal so offensichtlich unelegant versucht habe, sind ganz schnell darauf eingestiegen, und das hat einen Riesenspaß gemacht. Das Spielelement war wirklich toll! Leider kam ich nur selten dazu, es einzusetzen. Es hätte vermutlich sehr geholfen, bereits im Vorhinein um diese Karten zu wissen, dann hätten wir uns drauf einstellen können. Überraschungen sind toll, aber manchmal kann einen die Überraschung auch sprachlos machen. Insofern ist Olis Idee sehr gut: Wenn ein paar NSC deutlich und penetrant vorgemacht hätten, wie man diese Karten benutzen kann, hätte das ganz bestimmt anderen den Umgang damit erleichtert.
In Sachen Organisation war die Aufteilung der Tänze in vorgefertigte Blöcke wirklich gut. Dank der Liste hatten wir immer einen Überblick, wann die nächste Pause kommt und was dann als nächstes getanzt werden wird. Auch die Auswahl der Tänze war schön - manche mehr, manche weniger anspruchsvoll. Ich persönlich bevorzuge ja die schnellen Tänze und kam so erst gegen Ende des Abends richtig auf meine Kosten. Danke für die Einweisungen und Trockenübungen vor jedem Tanz, die waren wirklich hilfreich. Die Tänze sind allerdings immer recht lang, so dass ein Block mit drei Tänzen schnell eine Menge Zeit einnimmt. Das ist zwar für einen Ball genau Sinn der Sache, aber mir war vorher nicht bewusst, wie sehr das das Miteinander ausbremsen würde. Wer tanzt, kann sich eben nicht unterhalten und Pläne schmieden oder Vereinbahrungen abschließen. Das ist aber, glaube ich, nicht wirklich der Veranstaltung vorzuwerfen - die Orga hat sich wirklich Mühe gegeben, eine gut strukturierte Tanzveranstaltung auf die Beine zu stellen, und das ist ihr auch gelungen. Es liegt eben einfach in der Natur einer Tanzveranstaltung, dass da der Tanz den größten Raum einnimmt. Kürzere Tanzblöcke hätten da den Ball geschmälert, und längere Pausen wären vielleicht schnell öde geworden. Vielleicht wäre es in Zukunft für einen LARP-Ball förderlich, wenn die ganze Veranstaltung etwas länger wäre und man dann bewusst längere Zeiträume einplanen könnte, in denen Raum für Rollenspiel miteinander ist?
In Sachen Organisation hat mir auch sehr gut gefallen, dass es Unterhaltungsprogramm sowohl während des Essens als auch in den Tanzpausen gab. Das war wirklich gut. Und weil's irgendwie in Richtung "Organisation" passt: Der Spielort hat mir gut gefallen, und das Essen war wirklich lecker. Schade nur, dass das Buffet bald abgeräumt wurde und dann Schluss war. Die Kalten Platten und Salate wären ja nicht kälter geworden, wenn man sie stehen ließe, und nach einigen flotten Tänzen bekam ich dann doch wieder Appetit.
Nach Material und organisartorischer Vorbereitung folgen jetzt ein paar Gedanken zum Ablauf.
Die Kostümierung der Gräfinnen war sehr schön, einschließlich und besonders ihre Perücken. Apropos Kostüme: Ich bin echt beeindruckt von den tollen Garderoben, die wir da zu sehen bekamen. Samt und sonders waren alle Mitspieler toll angezogen. Vielleicht sollten wir in Zukunft eine Wahl für das beste Outfit veranstalten? Es wäre toll, wenn diese schönen Kostüme zusätzlich gewürdigt würden! Beeindruckt war ich auch von der vielfältigen Barttracht meiner Mitspieler. Hut ab, ich war überrascht von der Vielfalt und dem Einfallsreichtum.
Die Tombola war eine schöne Idee und reizend gemacht. Die Wahl von Ballkönig und -königin war ein sehr schöner Einfall, hatte aber leider kaum wirklich Gewicht auf dem Spiel. Ich nehme an, dass es daran lag, dass niemand wirklich viel mit dieser Wahl verband oder Wert drauf legte. Der Sieg bei dieser Wahl war zwar im Infomaterial als wichtig und beliebt und prestigeträchtig beschrieben, aber so richtig schien weder Interesse noch Ehrgeiz aufzukommen. Hier hätte es gewiss ebenfalls geholfen, uns Spieler im Vorhinein darüber zu informieren, dass eine solche Wahl stattfindet, wie sie abläuft, und warum man sie gewinnen will. Ein paar platzierte Anweisungen wie "Du willst das auf jeden Fall gewinnen" oder "Wenn Du das gewinnst, kriegst Du eine tolle Belohnung von Deinem Patron" hätten ganz bestimmt das Interesse der Spieler geweckt.
Es gab allerdings auch Dinge, die mir nicht sehr gefallen haben. Mein Umhang ist jetzt beschädigt, eine Naht ist gerissen. Wer auch immer Garderobier war, hat den Umhang an den beiden Bändseln aufgehängt, mit denen man den Umhang vorne zuknotet. Dafür sind die nicht da! Die können das Gewicht des Umhangs nicht tragen, sie sollen ihn nur vorne zusammenhalten. Wie eine Jacke oder ein Mantel lässt sich der Umhang über einen Bügel hängen, so dass das Gewicht des Stoffes von der Schulterpartie getragen wird. Eine aufgerissene Naht lässt sich flicken, aber es ist ärgerlich, dass ich das überhaupt tun muss, weil jemand so gedankenlos mit meiner Kleidung umgegangen ist.
Der Zeremonienmeister war nutzlos. Ich bin im Vorhinein davon ausgegangen, dass er als Verbindungsmann die ankommenden Gäste empfängt, ihren Namen und Titel aufnimmt, eine kurze Einweisung in die Gepflogenheiten gibt, darauf hinweist, wer und wo die Gastgeber und der Hausherr sind und dann den eingetroffenen Gast ankündigt. Stattdessen hat er sich unser zunächst gar nicht angenommen, und erst nach einem grässlichen faux pas unsererseits gegenüber unseren Gastgeberinnen hat er karge und kaum hilfreiche Anmerkungen gemacht. Als gerade eingetroffener Gast können wir einfach nicht wissen, wer die Gastgeber sind und wem gegenüber wir mit besonderer Ehrerbietung auftreten müssen. Genau für diese Information braucht es jemanden, der den neu eingetroffenen Gast empängt und einweist, und das hat leider gar nicht funktioniert. Seine Funktion ging kaum über die eines Platzanweiser hinaus. Die Ankündigungen der Gäste war leider ebenfalls sehr spärlich und keinswegs hilfreich; ganz besonders die Ankündigung ihrer königlichen Hoheit. "Prinzessin Elisabeth" - von wo? wem? was? "Ihre königliche Hoheit Prinzessin Elisabeth
von Aklon" ist das Mindestmaß an Information, das ein Zuhörer benötigt. Bevor hier ein Einwand erfolgt: Nein, das ist nicht selbstverständlich, nein sowas "weiß man doch"
nicht. Es war durchaus meinen Mitspielern, auch den aklonischen, nicht automatisch klar, wer ihre königliche Hoheit ist, und selbst wenn es jeder wüsste, gebietet es die Höflichkeit, den Titel und die Herkunft zu nennen. Das ist ihr Recht.
Das Kostüm des Zermeonienmeisters war allerdings hübsch, und das Glöckchen war echt schön. Sein heller Klang war stets gut zu hören.
Wo ich gerade bei ihrer königlichen Hoheit bin:
Phönix Regelwerk, Seite 60 hat geschrieben:Die Pflichten des Adels
[...]2. Das standesgemäße Auftreten
[...]ein Adliger brauch auch das nötige Gefolge.[...]Im Falle eines hochrangigen Adeligen kann das Gefolge schnell aus einem Dutzend oder mehr Untergebenen bestehen. Sicherlich ein Problem, aber auch eine Spielergruppe, die nötigen Stellungen und Posten entsprechend zu besetzen. Nichtsdestotrotz unterstreich ein solches Gefolge die Bedeutung des Adeligen und ist somit unerlässlich
Die letzte Hervorhebung stammt von mir. Das Gefolge einer Prinzessing umfasst mindestens zehn Leute, und die sind nach Angabe des Regelbuchs unerlässlich. So viele hatte Elisabeth aber nicht dabei, und das war echt blöd. Klar ist das aufwendig. Klar bindet das eine Menge Personal. Klar verschiebt sich dadurch das Gewicht der Verantsaltung deutlich in Richtung Prinzessin. Das ist ja gerade der Punkt: Wenn ein Prinz oder eine Prinzessin auf eine Veranstaltung kommt, entgleist dadurch der ganze Abend. Alles dreht sich nur noch um den hohen Besuch. Der Ball wird zu einem Empfang ihrer königlichen Hoheit mit Tanz und Unterhaltungsprogramm. Sowas ist ja vorstellbar und als Spiel auch machbar. Wenn das aber nicht geleistet werden kann, dann wäre es besser, auf den Besuch der Prinzessin zu verzichten. Der Ball wäre bestimmt auch ohne die Prinzessin ganz zauberhaft geworden. Ich vermute, dass einfach Elisabeth in die Spielwelt eingeführt werden sollte, und das ist ja auch gelungen, aber die Art und Weise stand im direkten Widerspruch zum Konzept des Titels - wenn eine Prinzessin irgendwohin kommt, gerät dort alles aus den Fugen. Es
soll anstrengend und schwierig sein. Das ist ja der Punkt. Fehlt das, schmälert es den gesamten Adel.
In Sache Gefolge hat auch der restliche NSC Adel nicht geglänzt. 1 Bannerträger, 3 Ritter, 1 Herold für den Herzog? Fehlanzeige.
Sowas ist nicht nur schade, weil's nach wenig aussieht. Es wirft auch ein schlechtes Licht auf die Institution des Adels als ganzes. Am wichtigsten ist aber: Mit einem Adeligen ohne Gefolge lässt sich nicht spielen. Es gehört sich nicht, den Herzog direkt anzusprechen. Genau dafür hat er seinen Herold, damit der Kontakte knüpft und die Gesprächspartner einander vorstellt. Ohne ein Gefolge, dass die Begegnung ihrer Herren anbahnt und koordiniert, kann keine Beziehung stattfinden. Daran zerbricht dann ein Adelsspiel - es sei denn, man pfeift auf Umgangsformen und plaudert einfach so miteinander. Aber wozu veranstaltet man dann überhaupt ein Adelsspiel?
Vielen Dank an dieser Stelle für die Mühe, die sich all die Adeligenspieler gemacht haben. Ich hatte längst nicht mit allen zu tun, aber sie waren allesamt hübsch anzusehen, und sie hatten eine Menge tolles Fußvolk und Dienerschaft auf die Beine gestellt. Besonders unterhaltsam fand ich die Fehdeerklärung.

Es ist schön zu sehen, wie ein Ereignis auf Spiel A eine Lawine auf Spiel B auslöst.
So. Ich hatte viel Spaß auf dem Spiel, und es hat mir - trotz meiner Kritik - gut gefallen. Ganz besonders möchte ich den Versuchscharakter dieses Spiels hervorheben: Einen solchen Ball als abendfüllende Tanzveranstaltung, die gezielt Wert auf den Adel legt, hatten wir noch nicht. Es war daher zu erwarten, dass einiges erst ausprobiert werden muss und es dabei zu Missgeschicken kommt oder etwas nicht so funktioniert, wie es gedacht war. Vielen Dank deshalb an die Fyrlefanzorga für den Mut, etwas neues auszuprobieren und einen Versuchsballon zu starten. Wenn ich an dieser Stelle ein paar bescheidene Wünsche für die Bälle der Zukunft äußern darf:
- Weniger NSC-Adel, der aber dann richtig groß, mit Pomp und viel Dienerschaft.
- Mehr Einbeziehung der Spieler im Vorhinein: Die tollen Karten, die Wahl des Ballkönigspaars, die Jagd nach Geheimnissen wären deutlich mehr bespielt worden, wenn wir als Spieler im Vorhinein mehr bescheid gewusst hätten.
- Das Erzeugen von Eigeninteressen. Durch das Lancieren von Informationen durch die Orga oder sogar direkte Anweisungen (Du willst dies, Du suchst das, Dein Herr fordert jenes) lassen sich Interessen bei den Spielern schaffen, die ganz selbsttätig zu intensiver Auseinandersetzung mit den Mitspielern führen. "Lir: Ein Wintermärchen" hat uns ein schönes Beispiel gegeben, wie sowas aussehen kann. Dann braucht es keinen Plot, um miteinander ins Spiel zu kommen; Interessen, Absichen und Handlungsgründe hingegen sind was anderes.
Darum auch:
- Kein Plot. Danke dafür, dass es auf diesem Ball keinen gab. Ich wünsche mir, dass auch Bälle in Zukunft keinen haben.
Vielen Dank für das schöne Spiel an alle Anwesenden, vielen, vielen Dank für die Veranstaltung an die Orga.
Wichtiger Nachtrag: Sollte irgendwem irgendwas an meinem Auftritt gefallen haben, so gebührt aller Dank meinem Gefolge. Ein Adeliger ist nichts ohne seine Dienerschaft, und ich hätte überhaupt nichts auf die Reihe bekommen ohne meine zuverlässigen und engagierten Begleiter. Danke an euch!
Edit: Rechtschreibfehler ausgbügelt, ein paar Formulierungen verbessert, die Gästeliste erwähnt, den Umhang erwähnt, wichtigen Nachtrag nachgetragen.
In Wirklichkeit bin ich viel hübscher.