Thorulf Hornwall war hochzufrieden. Sie waren seit den Zeiten von Tyrbold dem Roten nicht mehr soweit im Süden gewesen. Die Erzählungen von Tyrbolds Raubzügen waren legendär. Und noch legendärer waren die Berichte der Beute, die Tyrbold damals aus dem Süden zurückbrachte. Und nun war Thorulf hier. Er würde noch ruhmreicher sein. Die Skalden würden seinen Namen noch in 100 Jahren besingen und seine Beute würde so schwer wiegen, dass seine Schiffe sie kaum würde tragen können. Und das Beste: Er war sogar auf Einladung hier! Die verdammten Akloner, die immer mit Verachtung nach Helingard und ihre vielen Kämpfe untereinander blickten - nun waren sie auch nicht besser und zerfleischten sich selbst. Diese wunderbare Gelegenheit hatte Thorulf als erster erkannt. Alle Akloner Herzöge hatten ihre Truppen entweder im Norden oder an ihren Grenzen. Die Südküste würde ihm in den Schoß fallen wie ein reifer Apfel. Und sein Auftraggeber würde mit seinen und den anderen Truppen sogar dafür sorgen, dass er das in Ruhe tun konnte. Alles, was er tun mußte, war, sich mit den anderen Söldnerführern zusammenzuschließen und sich unter den Oberbefehl dieses Mannes da vorne zu stellen. Zusammen mit den anderen Söldnertruppen.
Die Sythischen Mercenarios, die an seinem Tisch gegenüber saßen, mochte er nicht, aber die waren immerhin kampferfahren, das sagte man ihnen wenigstens nach. Aber sie redeten zu viel und hielten sich für etwas Besseres. Wenn sie an der Küste dieses Raenna anlandeten, würden sie sehen, ob sie auch etwas taugten. Was er von der kleinen Gruppe Raikalelfen halten sollte, die abseits am hinteren Ende der Tafel saßen, wusste er am Allerwenigsten. Die redeten kaum und tranken nicht. Dafür sahen sie aber auch aus, als würden sie jede Nacht zum Spaß irgendwen ausweiden. Und er war ganz und gar nicht sicher, ob sie das nicht auch taten. Degeneriertes Gezücht, noch schlimmer als die Spitzohren aus Haralin. Aber anscheinend unglaublich schnell und geschickt als Kundschafter. Sie hatten sich im Krieg gegen Kolte einen guten Namen gemacht. Thorulf wollte die aber dennoch nicht in seiner Nähe. Zum Glück hatte ihr Auftraggeber beschlossen, die Raikalelfen mit den Sythen zu schicken, nach Nordosten, Richtung Aklon Stadt. Er selbst hatte freie Hand die gesamte Südküste Raennas zu plündern und mitzunehmen, was er tragen konnte. Dabei würden sie möglichst den gesamten Süden Raennas verwüsten. Nach Hause schaffen, was immer sie auf ihre 10 Drachenboote laden und verbrennen, was sie nicht transportieren konnten. Das war sein Auftrag und er würde ihm nur zu gerne folgen.
Thorulf wurde aus seinen Gedanken gerissen als ihr Auftraggeber laut mit seinem Zinnbecher auf den Tisch schlug, um sich Ruhe zu verschaffen. Der Mann wirkte sehr entschlossen. Noch nicht alt, aber dennoch ein mit allen Wassern gewaschener Kämpe, das sah Thorulf schon an seiner Haltung und seinem Gebaren. Als er seine Stimme erhob, hielten diese redseligen Sythen sofort die Klappe und selbst sein schwer besoffener Schiffsführer Sven Zweifaß hielt die Fresse, ohne dass er ihm eine Kopfnuss geben musste. „Männer und Frauen aus Helingard, Sythia und Raikal, wir haben lange genug gewartet. Morgen stechen wir in See und landen südlich von Raenna Stadt. Wenn wir länger warten, besteht die Gefahr, dass Crysofas‘ Spione uns hier entdeckten und wir damit das Überraschungsmoment verlieren. Wir werden sicher nicht das gesamte Herzogtum Raenna überrennen können, aber es sollte reichen, um der sogenannten Königin Elisabeth einige sehr unruhige Nächte zu bescheren und Herzogin Genewin von Raenna, die ohnehin geringe Kriegslust komplett auszutreiben. Ich sehe schon vor mir, wie Genewin vor Elisabeth steht, die sicherlich von ihrer Herzogin verlangen wird, dass unser kleiner Vorstoß in Raennas Süden unverzüglich unterbunden würde, aber ohne die Truppen abzuziehen, die in Camberion einmarschiert sind. Jaja, sie wollen immer das Unmögliche, diese Könige und Königinnen. Und wehe, man kann es ihnen nicht geben. Da wird die stolze Genewin sich ganz schön winden müssen. Und sie wird ihre keine Elisabeth sicher schwer enttäuschen müssen, egal, was sie tut. Die Vorstellung gefällt mir außerordentlich gut!
Jarl Thorulf, du wirst wie besprochen mit deinen Männern die Küste entlang nach Nordwesten auf Raenna zu marschieren. Meine eigenen Truppen und Condottiere Raúl mit seinen Sythen ziehen nach Nordosten, auf Aklon Stadt. Coryss mit seinen Raikalelfen wird vor uns reiten und uns über jede Truppenbewegung des Feindes informieren. Wir werden ohne Feldzeichen und Wappen operieren. Je länger die kleine Königin und die hochnäsige Herzogin im Unklaren darüber bleiben, wer sie so überraschend im Süden überfällt, desto besser. Das Wichtigste an unserem Plan ist, möglichst viel Schaden anzurichten und möglichst jeder größeren Konfrontation aus dem Weg zu gehen. Ich denke, das ist in eurem Sinne. Viel Beute, wenig Kampf und Gefahr. Wir müssen flexibel genug sein, um die Richtung zu ändern, wenn wir auf zu viel Widerstand stoßen. Wir werden immer in Bewegung bleiben und dem Feind möglichst keine Schlacht liefern. Die Raennischen Barone und Grafen sind zu schwach oder haben zu viele Truppen in Camberion stehen, um uns offen entgegenzutreten. Sollen sie sich in ihren Burgen verschanzen und zittern. Wir werden sie dort einfach sitzen lassen. Keine Belagerungen, das hält nur auf. Wenn die Lage zu gefährlich wird, ziehen wir uns zurück und schlagen an andere Stelle zu. Aber bis dahin wird Raennas Süden brennen und die feiste Genewin wird nicht mehr so überheblich sein, wenn plötzlich auch auf ihrem Teller die Portionen kleiner werden und ihre Bauern keine Steuern mehr zahlen können. Dann wäre ich gerne dabei, wenn Elisabeth mal wieder dreiste Forderungen an ihre Lieblingsherzogin stellt und vielleicht einmal, ein einziges Mal, Herzogin Genewin die Beherrschte, genau diese sprichwörtliche Beherrschung gegenüber ihrer kleinen Königin verliert! Auf geht’s, Männer und Frauen. Bringen wir ein bißchen Not und Verzweiflung nach Raenna!“
Neuigkeiten aus dem Golf von Aklon
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