Die Krone, der Kopf und die Weis(s)heit
„Ja bei Ultor, ich bin enttäuscht. Du kannst dir das nicht vorstellen, weil du noch niemals eine so wichtige Aufgabe hattest. Ich hab immer gerne mit anderen Menschen gearbeitet, aber so hat mich noch nie einer hängen lassen.“ Hyronimus hatte sich einfach nicht mehr zurückhalten können. Sein Gegenüber war ein versoffener nichtsnutziger Vollidiot, der in seinem ganzen Leben noch keiner ehrbaren Aufgabe nachgegangen war. Leider war er auch sein Bruder und einer der einzigen Menschen, mit denen Hyronimus über seine Arbeit reden konnte. Sein Ausbruch hatte die Aufmerksamkeit der anderen Gäste in der Spelunke erregt und er atmete einmal tief durch. Als sich die zahlreichen Blicke wieder von ihnen abgewandt hatten, sprach er mit gesenkter Stimme weiter. „Ich bin in den letzten Jahren jeden ultorverdammten Tag, an dem man meiner Dienste bedurfte für die hohen Herrschaften da gewesen. Ich hab immer versucht jeden einzelnen Streich perfekt zu führen, meine Klinge war immer scharf, ich hatte nie gesoffen und musste in 13 Jahren nur ein einziges Mal nachschlagen. Und da war es egal. Der Mann war ein Schwein. Hat auch so gequiekt. Nun bin ich also heute da um das höchste Haupt abzuschlagen, was mir je untergekommen ist und dann so was.“
Hyronimus, seit 13 Jahren Henker von Aklonstadt, nahm einen tiefen Zug aus seinem Bierkrug, setzte diesen geräuschvoll ab und richtete seinen wie immer ein wenig flackernden Blick wieder auf seinen Bruder. „Prinz Konrad war heute fällig für den Korb und ich hätte derjenige sein sollen, der ihm das königliche Haupt abschlägt. Sauber, aus dem ganzen Körper, in einem Schwung und ab.“ Sein Bruder unterbrach ihn. „Aber ich dachte du warst immer ein Anhänger von Prinz Konrad? Und hast du nicht gesagt, dass es lieber das Mädchen mit der Krone hätte sein müssen, das sein Hälschen auf den Block legt?“
„ Ja, das hab ich gesagt, aber nun war es halt Konrad und es war an mir das heute zu verrichten.“ Hyronimus lächelte. „Das ist mein einziger Trost, dass ich bestimmt irgendwann auch das Mädchen auf den Block kriege und dann bin ich die letzte Klinge die sie schneidet.“ Offensichtlich fand Hyronimus seine Äußerung besonders witzig und brach in Gelächter aus, trank einen Schluck an dem er sich verschluckte und spuckte schließlich eine für die Schankmägde später nur schwer zu ignorierende Menge an Bier auf den Boden. „Ist ja auch egal,“ sagte sein Bruder. „Was ist denn nun passiert?“ Der Henker hatte sich beruhigt und setzte seine Erzählung fort.“ Als ich mich in Position gestellt habe und auf das Signal des Mädchens wartete, ich schon wahrnahm, wie sie den Arm heben wollte, trat plötzlich der alte Mann, dieser Nuntius, vor. Von Praxitien, du weißt schon. Sie spricht mit ihm und dann passiert erst einmal eine Zeit lang nichts. Schließlich nickt die Königin und beide verlassen die Tribüne. Du hättest mal die Leute sehen sollen. Die waren so enttäuscht und ich kann sie verstehen.“ Etwas gezwungen nickte Hyronimus Bruder, bevor der Henker fortfuhr. „Ich hab ganz kurz darüber nachgedacht, ob ich trotzdem zuschlagen soll und dann sagen, ich hätte sie falsch verstanden. Hab ich aber nicht gemacht. Sonst wäre ich jetzt wohl auch nicht hier. Als ich darüber nachdachte, drehte sich der von Praxitien ruckartig zu mir um, als hätte er meine Gedanken gelesen. Was für ein Blick. Einfach gruselig.“
„Und weiter?“ fragte sein Bruder. „Nach einer halben Stunde kamen zwei Schwertbrüder und sprachen mit diesem Ultorianer, der immer an der Seite der Königin herumwieselt. Der nickt und dann nehmen sie den Prinzen vom Block. Ich dachte ich werd nicht mehr. Noch ne halbe Stunde später kommen die beiden wieder raus und der Alte stellt sich an den Rand der Tribüne und verkündet, dass sich Konrad Torwendil entschlossen hat den Schwertbrüdern beizutreten und seinen Dienst im Urs Sanctum zu verrichten. Die Krone hebt ihr Todesurteil auf und die Hinrichtung ist abgesagt. Basta,“ schreit Hyronimus nun wieder. „Keiner von denen hat auch nur einen Gedanken an mich dabei verschwendet. Keiner, aber das werden sie eines Tages noch bereuen, Wenn der Hofer…“ „Pscht,“ unterbrach ihn sein Bruder. „Du bringst uns noch alle an den Baum.“
Wenige Minuten nachdem der Henker seinen Bruder in der Taverne zurückgelassen hatte setzte sich ein anderer Mann an den soeben verlassenen Platz.
„Nun?“
„ Ja, er hat mir alles erzählt.“ Der Neuankömmling lächelte.“ 7 Silber?“
„Einverstanden.“ Nun grinste auch des Henkers Bruder. Er tat schließlich nichts Unrechtes. Das Volk hatte ein Recht darauf zu erfahren wie das Ganze abgelaufen war und der „Schild“ war nun einmal das größte Blatt Aklonstadts und zudem bereit mehr zu bezahlen als die anderen. Ein gutes Gefühl ein anständiger Bürger zu sein.
Hinrichtung Konrad Torwendil
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